Kommunikationsfallen

Dystonie  und Kommunikationsfallen

Hier erfährst Du, mit Blick auf Dystonie, etwas über grenzüberschreitende Fragen

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Erkrankungsbezogen übergriffige Kommunikation

Das Sesamstraßenlied

Es gibt solche und solche Fragen.

Ob ein Mensch klug ist, erkennt man an seinen Antworten. Ob ein Mensch weise ist, erkannt man an seinen Fragen.

Nagib Mahfuz

ägyptischer Schriftsteller


Wer nicht fragen kann, darf keine
Antworten verlangen.

Lisz Hirn

österreichische Philosophin und Künstlerin

Nicht alles, was man, warum auch immer, fragen möchte, ist des Fragens würdig!


Eileen Lensch

Die Frage, ob man etwas fragen darf,

ist bereits fraglich!


Bei menschlicher Kommunikation handelt es sich um den Austausch von Informationen zwischen Personen. Kommuniziert wird grundsätzlich verbal (mit Worten), paraverbal (Aussprache/Stimme) sowie nonverbal (Mimik/Gestik). Dabei stellen Fragen überwiegend Äußerungen dar, die auf Antworten abzielen.


"Wer, wie, was? Wieso, weshalb, warum? Wer nicht fragt bleibt dumm!", so der weitläufig bekannte Text aus dem Lied der Sesamstraße.


Doch nicht alle Fragen gehören gefragt, vor allem dann nicht, wenn weniger ein Informationsbedarf, sondern vielmehr reine Neugierde - und die mit Blick auf sehr Persönliches der gefragten Person - im Vordergrund steht.


Kurzum: Es gibt solche und solche Fragen. So wird generell zwischen folgenden Arten unterschieden:


  • Offene Fragen

Fragen, die - mit Blick auf den Inhalt der Frage - eine Antwort der freien Wahl ermöglichen, z.B. "Wie äußert sich die Dystonie bei Dir?".


  • Geschlossene Fragen

Fragen, die grundsätzlich mit "ja", "nein oder "vielleicht" beantwortet werden, z.B. "Bist Du von einer Dystonie betroffen?".


  • Rhetorische Fragen

Fragen, die keine Fragen sind, sondern bereits Aussagen, z.B. "Muss die Einnahme der Schmerzmittel denn wirklich sein?".


  • Suggestivfragen

Fragen, welche die Antworten nahe legen, z.B. "Du hast doch bestimmt Angst vor einer Tiefen Hirnstimulation, oder?".


  • Alternativfragen

Fragen, mit "entweder, oder", z.B. "Nimmst Du Tabletten oder bekommst Du Botolinumtoxin gespritzt?".


  • Balkonfragen

Fragen, denen eine kurze Erklärung oder Information vorangestellt wird, z.B. "Dystonie geht häufig mit Schmerzen einher und bei Dir?".


Und jene Fragearten,

die - mit Blick um einen Austausch rund um eine Erkrankung und/oder Behinderung - eher

Ungemach erahnen lassen:


  • Zweifelhafte Einleitungsfragen

Fragen, die einer eigentlichen Frage vorangestellt werden, weil die Frage von tatsächlichem Interesse unangemessen erscheint, z.B. "Darf ich Sie mal etwas fragen? Also, warum sitzen Sie eigentlich im Rollstuhl?".


sowie


  • Übergriffige Fragen

Unter anderem Fragen, welche die Intimsphäre der Gefragten betreffen, z.B. "Vermögen Sie, mit ihrer Dystonie, überhaupt ein Sexualleben zu pflegen?".


Was tun, wenn Du mit zweifelhaften oder übergriffigen Fragen konfrontiert wirst. Grundsätzlich gibt es drei Möglichkeiten, diesen zu begegnen:


  1. Ignorieren
  2. Humorvoll Parieren
  3. Intervenieren


Auf die Frage, warum ich im Rollstuhl sitze antworte ich, je nach Fragestellendem und Stimmung, wie folgt:


  • "Weil Stehen verdammt kippelig ist."
  • "Darüber möchte ich nicht sprechen."
  • "Nicht hier und heute. Danke."


Ist eine Frage übergriffig, lasse ich das meine Gesprächspartnerinnen und -partner höflich, aber bestimmt wissen, z.B. in dem ich wie folgt antworte:


  • "Mein Sexualleben ist mein Sexualleben, dafür haben Sie gewiss Verständnis."
  • "Bevor ich Ihnen Einblicke in mein Sexualleben gewähre, gewähren Sie mir gewiss Einblicke in das Ihrige."
  • "Bei aller Wertschätzung, aber das geht Sie wirklich nichts an."


Oder: Unangemessene Fragen erfordern mitunter unangemessene Antworten. Und: "Dumme fragen gibt es nicht!". Weit gefehlt: Doch. Leider.

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