Prognosen

Dystonie Prognose

Dystonie und Lebenserwartung

Toxiziät chronischen Stresses



Zunächst die gute Nachricht: Dystonie, als eigenständige neurologische Erkrankung, ist nicht tödlich. Dennoch, da beißt keine Maus den Faden ab, kann sie - je nach Schwere der Erkrankung sowie erkranknugsbedingtem Stress - durchaus lebensverkürzend sein.


Unmittelbar dystoniebezogene lebensverkürzende Aspekte gibt es zum Glück eher wenig; gefährdet sind zuvorderst jene, deren Dystonie mit "dystonen Krisen" und/oder der Betroffenheit von Atmung sowie Schluckstörungen einhergeht. Mit Bezug zu Letzterem aspirieren Betroffene in Einzelfällen Speichel, Flüssigkeit oder Nahrung in die Atemwege, was zu schweren Lungenentzündungen führen kann.


Mittelbar dystoniebezogene und schleichend lebensverkürzende ist jedoch zuvorderst "Erkrankungsstress", dies vor allem wenn er dauerhaft ist, also Stress in Folge Funktionsverlusten, fortwährenden Schmerzen und Erschöpfung sowie Scham.


Stress ist, wohl dosiert, eine Schutzreaktion unseres Nervensystems. Dauerstress, auch oder insbesondere infolge chronischer Erkrankungen, macht "doppelt krank".


Wie auch immer: Zunächst einmal bewirkt Stress, völlig natürlich, einen Anstieg der Hormone Adrenalin und Kortisol, was uns wiederum zur Höchstleistung, vor allem körperlich, antreibt. Dauerstress führt jedoch zu ihrem doppelt krank machenden Daueranstieg.


Ein dauerhaft erhöhter Adrenalinspiegel bewirkt einen dauerhaft erhöhten Herzschlag sowie einen dauerhaft erhöhten Blutdruck. Ersteres führt, auf Dauer - im wahrsten Wortsinn dazu - dass unser Herz müde und damit auf lange Sicht verfrüht schwächer wird. Zweiteres erhöht die Gefahr für Schlaganfälle maßgeblich. Hinzu kommt eine erhöhte Grundspannung der Muskulatur, was nicht nur die Dystonie "anheizt", sondern auch "dystonieunabhängige" dauernde Kopf- und Rückenschmerzen sowie Schwindel bewirken kann.


Ein dauerhaft erhöhter Kortisolspiegel führt dazu, dass der Glucosespeicher der Leber fortwährend entleert und der Blutzuckerspiegel deshalb erhöht ist. In der Folge wird die Bauchspeicheldrüse gezwungen mehr und mehr Insulin zu produzieren; Diabetes Mellitus ist nicht selten die Folge.


Zudem unterdrückt der erhöhte Kortisolspiegel das Steroidhormon DHEA, das die Abwehrkräfte unseres Immunsystems ankurbelt und eine Zellerneuerung bewirkt. Schließlich führt ein dauerhaft erhöhter Kortisolspiegel zu Konzentrationsstörungen und Gedächtnislücken.


Dystonie und Dauerstress machen sozusagen doppelt krank, was sich bei Betroffenen regelmäßig unweigerlich nachteilig auf deren Lebenserwartung auswirkt. Um so wichtiger sind, für Dystoniebetroffen Vorsorgeuntersuchungen, die eben auch diese Phänomene medizinisch beleuchten.

Linderung oder Heilung


Die erste Frage, die Dystoniebetroffene und deren Angehörige vielfach stellen ist: "Wie sind die Heilungschancen?" oder "Kann Dystonie geheilt werden?". Diese Fragen lassen sich nicht so leicht bzw. generell beantworten. Vielmehr hängt die Antwort von der jeweiligen Ursache der Dystonie ab.


Zunächst einmal gilt es zu klären, was "Heilung" meint. Heilung steht medizinisch und therapeutisch für eine "vollständige Genesung". Damit bezeichnet sie den Prozess der (Wieder)Herstellung der körperlichen wie seelischen Unversehrtheit, also des "Normal-" oder "Davorzustandes".


Dystonie sind, statistisch betrachtet, grundsätzlich nicht heilbar, will heißen, die höchstüberwiegende Mehrheit der Betroffenen werden von der Bewegungsstörung, ab ihrem Auftreten, ein Leben lang begleitet. Ausnahmen bestätigen die Regel und sind auf die nachfolgenden Grundsätze zurückzuführen:


  • Dystonien, in Form eigenständiger Erkrankung, sogenannte "primäre Dystonien" sind - da regelmäßig auch hirnorganischen Ursprungs - unheilbar. Aus ihr resultierende dystone Symptome lassen sich zwar therapeutisch - zuvorderst medikamentös und/oder neuromodulatorisch - lindern, bestenfalls in Gänze unterdrücken, jedoch nicht "heilen".


  • Bei Dystonien bzw. dystonen Symptomen, die infolge einer anderen Grunderkrankung auftreten, hängt die Heilung von der Heilbarkeit der jeweiligen Grunderkrankung ab.


  • Ist die Grunderkrankung heilbar, lassen sich mit ihr auch die dystonen Symptome heilen.


  • Ist die Grunderkrankung unheilbar, gilt, wie bei primären Dystonien, dass die Symptome therapeutisch gelindert oder bestenfalls unterdrückt werden können.


Um zu wissen, ob Deine Dystonie heilbar ist oder nicht, gilt es für Deine behandelnden Ärzt:innen zunächst die Ursache in Erfahrung bringen. Glaube mir, dass ist wahrlich nicht so leicht. Im Gegenteil: Es bedarf mitunter einer geraumen Zeit, da sich die Ursache von Dystonie nur selten bildgebend darstellen lässt. Vielmehr ist ärztliche Detektivarbeit in Form von Ausschlussdiagnostik aller Art gefragt.

Verlauf


Keine Dystonie ist wie die andere Dystonie. Oder: Dystonie hat, wie viele andere neurologische Erkrankungen, tausend Gesichter.


Die Vielfältigkeit von Dystonie wirkt sich sodann auch auf Möglichkeiten ihres Verlaufs aus. Davon unbenommen lassen sich, basierend auf medizinischen Erfahrungswerten, folgende Verlaufsaussagen tätigen.


  • Dystonie ist grundsätzlich eine fortschreitende Erkrankung. Sie entwickelt sich entweder aus sich selbst heraus oder im Rahmen des Wachstums bzw. Alterungsprozesses weiter.


  • Dystonie verläuft grundsätzlich nicht schubweise, es sei denn, sie bzw. dystone Symptome treten in Folge einer schubweise verlaufenden Erkrankungen, z.B. Multiple Sklerose, auf.


  • Dystonien, als eigenständige Erkrankungen, die im frühen Kindesalter beginnen, entwicklen sich häufig binnen der ersten fünf Jahre fort. Sodann von einer "Plateauphase" ausgehend, führt das Wachstum mitunter zur Verschlimmerung dystoner Symptome, insbesondere was Fehlhaltungen und Schmerzen anbelangt.


  • Dystonien, die im Erwachsenenalter beginnen, verlaufen eher - abhängig Ursache und Form - individuell. Die Folgen von Dystonie, zuvorderst Fehlhaltungen, einhergehend mit dem fortschreitenden Alterungsprozess bewirken jedoch regelmäßig eine Verschlimmerung zumindest dystoner Begleiterscheinungen. Sich verstärkende muskuloskelaterale Schmerzen sind besonders auffällig.
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